Im Land des Osterhasen (1)


„Mama, wie sieht der Osterhase eigentlich aus?“, fragte Isa Mama als diese gerade das Buch zuschlug, das sie als Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen hatte. Morgen war Ostern und passend dazu hatte es heute eine Gute-Nacht-Geschichte gegeben, in der es um Ostern gegangen war. „Hmmm, eine gute Frage mein Schatz“, antwortete Mama und sah dabei nachdenklich in das Gesicht ihrer Tochter. „Wenn ich ganz ehrlich sein soll, … ich weiß es nicht.“ Eine Weile saßen Isa und Mama noch kuschelnd auf dem Sofa. Isa gingen dabei viele Fragen durch den Kopf. Fragen wie:
– Wie sieht der Osterhase aus?
– Arbeitet er alleine?
– Kann er reden?
– Wie alt und wie groß ist er?
– Kennt er den Weihnachtsmann?

„So jetzt geht es aber ab ins Bett“, Mama war aufgestanden und reichte Isa ihre Hand. „Kommst du?“ Gemeinsam gingen sie in Isas Zimmer und Mama deckte Isa zu, gab ihr einen Gute-Nacht-Kuss und sang ihr dann noch ein Gute-Nacht-Lied vor.

Weißt du wie viel Sternlein stehen,
an dem blauen Himmelszelt?
Weißt du wie viel Wolken gehen,
weithin über alle Welt?
Gott, der Herr, hat sie gezählet,
dass ihm auch nicht eines fehlet,
an der ganzen großen Zahl,
an der ganzen großen Zahl.

(Bekanntes Volkslied von Wilhelm Hey (1837) „Weißt du wie viel Sternlein stehen“)

Als Mama das Zimmer verlassen hatte, lag Isa noch lange wach. Immer wieder musste sie an den Osterhasen denken. Und um so länger sie an ihn dachte, um so mehr wünschte sie sich, dass sie ihn tatsächlich einmal sehen würde. Mit diesen Gedanken schlief sie schließlich ein und wurde von den Gedanken an den Osterhasen in das Land der Träume getragen.


Im Land des Osterhasen - Wolken Sternchen - Lese- und Hörspielgeschichten für Kinder und ihre Eltern

Als Isa ihre Augen aufschlug war sie nicht mehr in ihrem Bett. Sie lag auf einer Wiese, über ihr der strahlend blaue Himmel, mit einigen wenigen weißen Watte-Wölkchen. Das Gras unter ihr war herrlich weich. Sie drehte sich im Halbschlaf auf die Seite und griff, aus Gewohnheit neben sich um eines ihrer Kuschel-Kissen an sich zu drücken. Und tatsächlich bekam sie etwas weiches und flauschiges zu greifen. Sie zog es enger an sich und umschlang es mit ihren Armen. Dabei schloss sie wieder verträumt ihre Augen.

Im Oster-Tal - Wolken Sternchen - Lese- und Hörspielgeschichten für Kinder und ihre Eltern

„Hey, lass mich gefälligst los!“, schimpfte dieses Etwas neben ihr. Unwillig öffnete Isa wieder ihre Augen und blickte dabei verschlafen in das Gesicht eines wütend zappelnden Kaninchens. „Was ist das?“ Isa war noch immer nicht ganz wach und sah das Kaninchen in ihren Armen verblüfft an. „Lass mich los!“ Mit seiner Pfote kratzte das Kaninchen an Isas Arm. „Aua! Das tut weh!“ Mit einem Mal war Isa wach. Erschrocken ließ sie das Kaninchen los, um sich die Hand auf den schmerzenden Arm zu halten. Wütend sah sie das Kaninchen an. „Wieso hast du das gemacht?“ Das Kaninchen war einige Meter von ihr weggehoppelt und saß nun in sicherem Abstand auf einem kleinen Stein, der auf der Wiese stand. „Weil du mich nicht los gelassen hast“, erwiderte es. „Du bist aber nicht sehr nett“, sagte Isa und sah sich um. Die Wiese auf der sie saß, lag auf einem kleinen Hügel und war voll von bunten Blumen, die herrlich dufteten. Weiter hinten konnte sie einen Wald erkennen, und kurz vor ihm schlängelte sich einen Bach durch die Landschaft, über den eine kleine Brücke führte. Bienen und Schmetterlinge tanzten in der Luft, flogen von Blume zu Blume und sammelten fleißig den Nektar der vielen Blumen ein.

„Wo bin ich hier?“, fragte sie das Kaninchen. An einem solchen Ort war sie noch nie gewesen. „Du bist im Oster-Tal“, sagte das Kaninchen, und kratzt sich dann mit seiner Pfote am Ohr. „Im Oster-Tal?!“ Isa sah sich ungläubig um. Von diesem Ort hatte sie noch nie gehört. „Und wie bin ich hier her gekommen?“ Die Fragen in Isas Kopf überschlugen sich. Doch anstatt, dass ihr das Kaninchen die Frage beantwortete, sprang es vom Stein herunter und hoppelt ohne ein weiteres Wort zu sagen den Hügel hinunter. „Warte!“ Aus Angst, alleine zurück gelassen zu werden, stand Isa auf und rannte dem Kaninchen hinterher. „Warte auf mich!“

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Das Kaninchen blieb nicht stehen, sondern hoppelt zielstrebig in Richtung der Brücke weiter. Isa versuchte stolpernd mit ihm mit zu halten und es nicht aus den Augen zu verlieren. „Bitte warte doch auf mich“, ihr stiegen Tränen in die Augen. Sie wollte nicht alleine hier an diesem fremden Ort bleiben. Wegen der Tränen die nun ihre Augen verschleierten, sah sie den Stein vor ihren Füßen nicht und stolperte. Sie fiel der Länge nach hin. Auf dem Boden liegend, rollte sie sich zusammen, umschlang mit den Armen ihre Beine und schloss ihre Augen ganz fest. „Ich will zurück nach Hause“, jammerte sie und hoffte darauf, dass sie, sobald sie ihre Augen wieder öffnete, zurück in ihrem Bett war. „Es ist sicher nur ein Traum“, versucht sie sich zu beruhigen. Sie Atmet drei Mal tief durch und öffnet dann ganz vorsichtig ihre Augen.

Nach wie vor lag sie auf der Wiese im Oster-Tal. Die Bienen summten, die Vögel zwitscherten und die Sonne schien hell und warm auf ihr Gesicht. Aber sie wollte von alle dem nichts wissen. Sie wollte einfach nur zurück nach Hause. Dicke Tränen kullern aus ihren Augen und fielen geräuschlos auf das Gras. So sah sie nicht, dass das Kaninchen kurz vor der Brücke stehen geblieben war und zu ihr zurück sah.

„Wo bleibst du denn?“, das Kaninchen stand wieder neben ihr und stupste sie mit seiner Pfote leicht an die Schulter. „Wir müssen weiter“, sagte es und sah Isa auffordernd an. „Ich will nicht. Geh weg!“ Isa rollte sich einige Meter von dem Kaninchen weg und schloss die Augen wieder. „Wir haben kaum noch Zeit. Der Osterhase braucht dringend deine Hilfe und ich muss dich zu ihm bringen“, sprach das Kaninchen. Bei diesen Worten öffnete Isa ihre Augen wieder und blinzelte ins Licht. Sie sah zu dem Kaninchen hinüber und wischte sich mit ihrem Ärmel die Tränen ab. „Der Osterhase braucht Meine Hilfe?“ Ungläubig sah sie das Kaninchen an. „Ja. Ganz dringend sogar“, sagte dieses. „Ok. Wenn das so ist, dann komme ich mit dir. Aber renn nicht wieder so schnell.“  Isa stand auf und klopfte sich das Gras von der Hose. „Komm mit. Wir müssen über die Brücke“, das Kaninchen hüpfte neben Isa her, den Hügel hinab und runter zur Brücke.

Als sie bei der Brücke ankamen staunte Isa beim Anblick auf die andere Seite nicht schlecht. Hier glitzerte und glänzte die Welt in allen Regenbogenfarben und sah ganz anders aus, als es das vom Hügel aus getan hatte. Im Bach schwammen kleine Fische, deren Schuppen aus hunderten kleiner Sterne bestanden und die im Licht der Sonne wie Diamanten funkelten.

Das Kaninchen hüpfte auf die Brücke und wartete darauf das Isa ihm folgte. Zögerlich machte Isa einen Schritt auf die Brücke, dann einen zweiten. In der Mitte der Brücke blieb sie stehen. Hier schimmerte die Luft anders. Die Luft sah aus wie ein Regenbogen-Schleier. „Was ist das?“, fragte Isa das Kaninchen. „Das ist das Portal zur Welt des Osterhasen. Es öffnet sich nur um Ostern herum, den Rest des Jahres ist es verschlossen“, antwortete das Kaninchen. „Wieso ist es verschlossen?“, wollte Isa wissen. „Dafür gibt es viele Gründe. Einer der wohl wichtigsten ist, das er zum Schutz für all die Schätze und Geheimnisse, die im Land des Osterhasen zu finden sind, verschlossen ist. Die Gefahr, dass Eindringlinge unerlaubt eindringen und etwas stehlen, ist viel zu groß“, antwortete das Kaninchen ungeduldig. „Aber in diesem Jahr ist etwas schief gegangen. Das Portal war früher offen als sonst und niemand hat etwas mitbekommen.“  – „Was ist passiert?“ Isas Neugier wurde größer. „Das soll dir der Osterhase lieber selbst erzählen. Ich kann nur so viel verraten, … es ist sehr schlimm und das ist auch der Grund, weshalb du jetzt hier bist.“

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In Isas Kopf bildeten sich abermals hunderte von neuen Fragen. Aber das Kaninchen weigerte sich, jetzt noch länger zu verweilen und hüpfte mit einem gekonnten Sprung durch das regenbogenfarbene Portal hinüber in das Land des Osterhasen. „Jetzt komm, wir haben keine Zeit zu verlieren“, rief das Kaninchen Isa zu, und machte eine winkende Geste mit der Pfote, die das Gesagte unterstrich. Isa schloss ihre Augen, atmete tief ein und trat dann durch das Portal.

Autorin: Andrea Laukamp

————– Teil 2 ————–



 

 

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(Spieldauer: 63 Min.)


Kann sein das sich in meine Geschichte der eine oder andere kleine Fehler eingeschlichen hat. Für den Fall das Dir ein solcher beim Lesen aufgefallen ist, darfst Du ihn gerne behalten. ;-)

 

Wolken

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Andrea