Im Land des Osterhasen (6)


Isa und die Kaninchen drangen tiefer und tiefer in den Wald. Hier kam fast nie jemand hin, und auch die Tiere des Waldes schienen eher seltener an diesen Ort zu kommen. Es gab schon lange keinen sichtbaren Weg mehr, und so versuchten sie, sich einen Weg durch das Unterholz zu bahnen. Die Kronen der Bäume waren so dicht gewachsen, dass das Tageslicht kaum noch bis zu ihnen herunter drang, und sie gezwungen waren, sich im Halbdunkel voranzutasten. „Bleib dicht hinter mir. Wir dürfen uns nicht aus den Augen verlieren.“ Semeno ging vor Isa und achtete darauf, dass sie nicht den Anschluss zu ihm und den anderen verlor. Isa nickte stumm und konzentrierte sich auf den Weg vor ihr.

Isa wusste nicht, wie lange sie sich so durch das Unterholz gekämpft hatten, als sich der Wald wieder ein wenig zu lichten begann. Vor ihnen tat sich eine Lichtung auf, und in ihrer Mitte lag ein Teich. Hier schien das Licht der Sonne wieder durch die Kronen und spiegelte sich auf der Wasseroberfläche wieder. Isa tat der Anblick gut. Sie genoss es, die Sonne und den Himmel wieder sehen zu können. „Hier endet die Spur“, sagte eines der Kaninchen. Isa und Semeno traten zu ihm heran und sahen sich den Boden genau an. Auf dem Erdboden war eine eigenartige Spur zu erkennen. Sie war ganz bestimmt nicht von einem Menschen, so viel konnte Isa erkennen. „Was macht solche Spuren?“, fragte Isa und sah in die angespannten Gesichter der Kaninchen. Isa war die ganze Zeit davon ausgegangen,  dass ein Mensch der Dieb des Wolken Sternchens war, aber jetzt fragte sie sich, ob es tatsächlich ein Mensch war, den sie verfolgten.

Im Land des Osterhasen - Wolken Sternchen - Lese- und Hörspielgeschichten für Kinder und ihre Eltern

„Das sind die Spuren eines Wolfes“, sagte Semeno. „Am besten ist es, wenn du hier wartest und dich nicht von der Stelle rührst. Er muss ganz in der Nähe sein.“ Semeno sah sich um. Dann schwärmten er und die anderen beiden Kaninchen aus, um nach dem Wolf zu suchen. Isa blieb alleine am Rande des Teiches zurück und sah den Kaninchen nach, die sich immer weiter von ihr entfernten.

Isa hatte sich auf den Gras bewachsenen Boden gesetzt und blickte auf das Wasser. Die Kaninchen waren bereits seit einer Weile aus ihrem Blickfeld verschwunden, und sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befanden. Was, wenn sie nicht wieder zurück kamen? Doch darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Sicher würden sie schon bald zurück sein und eventuell sogar den Wolf mit dabei haben. Sie fragte sich, ob er wohl gefährlich war, und wenn ja, was sie machen sollte, wenn er sie und die anderen angriff. Gedankenversunken spielte sie mit dem Medaillon, dass sie um ihren Hals trug.

Im Land des Osterhasen - Wolken Sternchen - Lese- und Hörspielgeschichten für Kinder und ihre Eltern

Mit einem Mal spürte Sie ein Prickeln in ihrem gesamten Körper. Sie sah auf den herzförmigen Anhänger und öffnete das Medaillon. Das Wolken Sternchen darin hatte zu leuchten begonnen. Von Sekunde zu Sekunde wurde das Leuchten heller und heller. Sie erschrak und erinnerte sich an das, was der Osterhase ihr gesagt hatte. „Um so näher es dem Wolken Sternchen kommt, um so heller beginnt es zu leuchten“, erinnerte sie sich an seine Worte. Sie schloss das Medaillon und richtete sich auf. Dann drehte sie sich um und sah in das hinter ihr liegende Unterholz des Waldes.

Im Land des Osterhasen - Lese- und Hörspielgeschichten für Kinder und ihre Eltern

Zu Anfang konnte sie außer den Bäumen und Sträuchern nichts erkennen. Doch dann bewegte sich etwas vor ihr. Ein riesengroßer Wolf schlich aus dem Dunkel des Waldes. Seine Augen starrten sie grimmig und böse an. Ein gefährliches tiefes Knurren kam aus seinem großen Maul mit den gefletschten Zähnen. Isas Herz hämmerte in ihrer Brust. Sie war starr vor Angst. Von den Kaninchen war weit und breit keine Spur zu sehen. Sie war ganz alleine!

Der Wolf bewegte sich langsam auf sie zu. Seine Augen waren auf das Medaillon um Isas Hals gerichtet. Isa wollte laut um Hilfe rufen, aber ihr versagte die Stimme. Sie bekam keinen einzigen Ton heraus. Als der Wolf nur noch wenige Meter von ihr entfernt war, blieb er stehen. Aus dieser Entfernung sah Isa, dass der Wolf etwas in seinem gefletschten Maul trug. Anfangs hatte sie es nicht sehen können, doch nun sah sie es dafür um so deutlicher. Der Wolf hatte das Wolken Sternchen in seinem Maul.

Der Anblick des Wolken Sternchens löste die Angst-Starre, in der Isa sich befunden hatte, auf und sie konnte wieder klar denken. Sie streckte ihren Rücken durch, spannte ihre Muskeln an und sah dem Wolf mutig und kämpferisch entgegen. Die Angst war aus ihrem Körper gewichen. An ihre Stelle war pure Entschlossenheit getreten. „Rück das Wolken Sternchen raus, dass du dem Osterhasen gestohlen hast“, sagte Isa mit festem Ton. Der Wolf lächelte hämisch, und zu Isas Überraschung sprach er zu ihr. „Du bist mutig, aber das wird dir nichts nützen. Das Wolken Sternchen gehört mir und ich gebe es dir nicht!“, sagte er abfällig. „Du wirst das Wolken Sternchen nicht bekommen, aber dafür wirst du mir das geben, das du in deiner Kette versteckt hast.“ Er machte einen Schritt auf sie zu. Instinktiv trat Isa zwei Schritte zurück, ließ dabei den Wolf aber nicht aus den Augen. „Das Stück, das du in deiner Kette hast, fehlt dem meinen, um seine volle Kraft zu entfalten. Wenn ich deines erst einmal habe, ist es vollständig und ich werde mit ihm das mächtigste Wesen auf der Erde werden.“ Der Wolf knurrte und Isa sah ihm an, wie sehr ihm diese Vorstellung gefiel.

Isa schloss ihre Hand fest um den Anhänger und schüttelte den Kopf. „Ich werde dir mein Wolken Sternchen nicht geben“, sagte Isa, die fest entschlossen war, ihr Wolken Sternchen zu verteidigen. In ihren Fingern prickelte es und sie merkte, wie die Magie des kleinen Wolken Sternchens in ihrem Medaillon deutlich stärker wurde. Aus den Augenwinkeln sah Isa, wie das Leuchten des Wolken Sternchens auf ihre Hand überging und dann begann, sich über ihren Arm auszubreiten.

In diesem Moment setzte der Wolf zum Sprung an. Er drückte sich mit seinen Hinterbeinen vom Boden ab. Erschrocken sah Isa, wie der Wolf auf sie zu schnellte, seine Krallen nach ihr ausstreckte und das riesige Maul mit den scharfen spitzen Zähnen aufriss, um sie zu beißen.

Autorin: Andrea Laukamp

———— Teil 7 ———–



Hier geht es zu Teil 1 der Geschichte


Hier geht es zu Teil 2 der Geschichte


Hier geht es zu Teil 3 der Geschichte


Hier geht es zu Teil 4 der Geschichte


Hier geht es zu Teil 5 der Geschichte


 

 

Dir hat die Geschichte gefallen und Du möchtest sie gerne z.B. auf einen Kreativ-Tonie für die Tonie-Box ziehen? Dann abonniere einfach meinen Blog und

schreib mir eine kurze Nachricht an (wolken-sternchen@gmx.de).

Ich schicke dir dann gerne die Audio-Datei zu.
(Spieldauer: ca. 63 Min.)


Kann sein das sich in meine Geschichte der eine oder andere kleine Fehler eingeschlichen hat. Für den Fall das Du einen findest, darfst Du ihn gerne behalten. ;-)

 

Wolken

Wenn Dir die Geschichte gefallen hat, dann abonniere doch meinen Blog. Ich würde mich sehr freuen, Dich als regelmäßigen Leser willkommen zu heißen.

Mit lieben Grüßen

Andrea

4 Gedanken zu “Im Land des Osterhasen (6)

    1. Wolken Sternchen sagt:

      Hallo Denise,

      ich danke dir 😊

      Liebe Grüße
      Andrea

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.