Als Isa zusammen mit Semeno in das Zimmer des Osterhasen kam, fanden sie ihn auf dem Boden liegend vor. Er rührte sich nicht mehr und lag regungslos da. „Oh nein!“, Isa rannte zu ihm. „Wir sind zu spät!“ Sie kniete sich neben ihn, und Tränen begannen ihr über das Gesicht zu kullern. Sanft berührte sie sein matt gewordenes Fell. Es fühlte sich stumpf und borstig an. Isa schlang ihre Arme um ihre Beine und kauerte neben dem am Boden liegenden Osterhasen. Sie weinte bitterlich.
„Du hast dein Bestes gegeben. Es ist nicht deine Schuld.“ Semeno, der hinter ihr stand, legte sachte eine Pfote auf ihre Schulter und versuchte sie zu trösten. Aber Isa wollte sich nicht trösten lassen, sie wollte, dass der Osterhase lebte. Doch sein ergrauter Körper bewegte sich nicht mehr und lag einfach so da. Isa betrachtete das Wolken Sternchen in ihrer Hand. Sie hatte es, seit sie es im Wald an sich genommen hatte, nicht wieder aus der Hand gelegt. Eine Träne tropfte ihr auf das Wolken Sternchen herab, dann eine zweite. Sie nahm das Wolken Sternchen und legte es auf den leblosen Körper des Osterhasen. „Bitte entschuldige, dass ich zu spät gekommen bin“, flüsterte sie und stand dann mühsam auf. Sie fühlte sich auch schwach und erschöpft. Sie wollte nach Hause zurück. Sie wollte ganz weit weg. „Semeno, kannst du mich bitte nach Hause bringen?“, fragte sie das Kaninchen. Er nickte stumm.
In dem Moment in dem sie sich zum Gehen wandten, fing plötzlich das Wolken Sternchen, das Isa auf den Körper des Osterhasen gelegt hatte, an zu leuchten. Es wurde heller und heller. Und auch das kleine Wolken Sternchen, dass sie in ihrem Medaillon noch immer bei sich trug, begann zu leuchten. Das Licht wurde so hell, dass schließlich der gesamte Raum in gleißendes, angenehm warmes Licht gehüllt war. Isa und Semeno mussten ihre Augen schließen, um nicht geblendet zu werden.
Als nach einiger Zeit das Licht zurück ging und sie ihre Augen wieder öffnen konnten, war der Körper des Osterhasen verschwunden. Isa und Semeno sahen sich verwirrt um. Schließlich entdeckten sie den Osterhasen. Er stand vor dem Fenster und das Licht des inzwischen aufgegangenen silbernen Mondes schien direkt auf ihn. Sein Fell glänzte wieder seidig und weich und seine Ohren hingen nicht mehr schwach zur Seite, sondern waren senkrecht aufgestellt. Seine ganze Körperhaltung hatte sich verändert. Er strahlte trotz seines Alters Stärke und Kraft aus. In seinen Pfoten hielt er das Wolken Sternchen.
„Lieber Osterhase, du lebst ja!“ Isa war so glücklich und rannte zu ihm. Er öffnete seine Arme und die beiden fielen sich in die Arme. Auch Semeno, kam zu ihnen und umarmte den Osterhasen und Isa, die sich gar nicht von einander trennen wollten. Nach einer Weile lösten sich die drei wieder von einander. „Ich danke dir. Du hast uns alle gerettet!“ Tiefe Dankbarkeit lag in der Stimme des Osterhasen.
Der Osterhase öffnete die Tür, die in den Garten führte. Gemeinsam traten sie hinaus. Seite an Seite spazierten sie durch den Garten und Isa und Semeno erzählten dem Osterhasen von dem, was sie erlebt hatten. „Wir hätten es an sich gleich wissen müssen, aber es fiel mir erst auf, als der Wolf sich schließlich zurück verwandelte und seine wahre Gestalt zeigte“, berichtete Semeno. „Der Dieb war niemand anderes als Draco“, schloss er seinen Bericht. Eine Weile schwieg der Osterhase, dann nickte er und sagte „Ich hätte es mir auch denken müssen. Er war nicht mehr der Selbe, als er aus der Welt der Menschen zurück gekehrt war. Er war von Neid zerfressen und hat ihn in seinem Herzen wachsen lassen.“ Der Osterhase sah traurig zu den Sternen hoch. Isa verstand nicht, was die beiden sich erzählten, aber es war ihr auch nicht wichtig. Sie war nur froh, dass sie hatte helfen können, das Wolken Sternchen zurück an seinen Platz zu bringen, und dass somit der Osterhase, das Land des Osterhasen und das Osterfest gerettet waren.
„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Semeno, mit Blick auf Isa, den Osterhasen. „Es wird Zeit, dass Isa zurück in ihre Welt kehrt“, sagte der Osterhase, und sah liebevoll zu Isa hinüber. „Ich habe mich sehr gefreut, deine Bekanntschaft zu machen, und ich werde dir auf immer für deine Hilfe dankbar sein. Aber nun wird es Zeit, dass du nach Hause zurück kehrst. Semeno wird dich begleiten und dich sicher zurück geleiten.“ Isa war traurig, dass sie gehen musste, aber sie freute sich auch. Sie vermisste ihre Eltern und ihr zu Hause.
Als sie um eine Ecke bogen, lächelte Isa, als sie sah wer dort stand. Sturmwind wartete auf sie und lächelte ihr entgegen. „Wenn du es mir erlaubst, würde ich dich gerne ein Stück begleiten“, hörte sie seine sanfte angenehme Stimme in ihrem Kopf sagen. Stumm nickte sie und ging zu ihm. Dann drehte sie sich noch einmal um und rannte zurück zum Osterhasen. Sie umarmten sich zum Abschied. Da fiel ihr das Medaillon, das sie noch immer um ihren Hals trug, wieder ein. Sie griff nach dem Verschluss der Kette und wollte sie gerade abmachen, um sie dem Osterhasen zurück zu geben. Aber der hielt sie auf. „Nein! Sie soll von nun an dir gehören und dich stets beschützen.“ „Ich danke dir“, sagte Isa. „Ich werde dich nie vergessen.“ Dann ging sie zu Sturmwind und sprang mit einem Satz auf dessen Rücken. Semeno war ebenfalls auf den Rücken seines Einhorns gestiegen. Gemeinsam trabten sie nebeneinander in Richtung der Oster-Tal-Wiese, auf der sich Isa und Semeno zum ersten Mal begegnet waren.
Als Isa ihre Augen öffnete, schien das Licht der Sonne sanft durch einen Spalt in der Gardine. Sie lag ausgestreckt in ihrem Bett und gähnte. Noch leicht verschlafen sah sie sich um. Sie war zurück zu Hause und lag in ihrem eigenen Bett. Mama öffnete die Kinderzimmer-Tür und steckte ihren Kopf herein. „Guten Morgen, mein Schatz, fröhliche Ostern, denn heute ist Ostern“, sagte sie, und kam auf ihre Tochter zu. „Hast du gut geschlafen?“ Isa rieb sich verschlafen die Augen. Hatte sie das alles nur geträumt? „Es gibt gleich Frühstück. Ziehst du dich bitte an?!“, Mama ging wieder zur Tür und schloss sie hinter sich.
Isa stand auf und ging zu ihrem Kleiderschrank um sich um zu ziehen. Da fiel ihr Blick in den Spiegel und sie blieb lächelnd stehen. Um ihren Hals hing das Medaillon, das sie vom Osterhasen geschenkt bekommen hatte. Und als sie es öffnete, funkelte ihr das Wolken Sternchen entgegen.
Autorin: Andrea Laukamp
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(Spieldauer: ca. 63 Min.)
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